Tempio Pausania: Im Herzen der Gallura

Tief im Herzen von Sardinien, im Norden der malerischen Insel, liegt eine Kleinstadt, die reich an Geschichte und kulturellem Erbe ist: Tempio Pausania. Die Stadt ist das pulsierende Zentrum der Region Gallura und diente zwischen 2005 und 2016 als zweiter Hauptort der Provinz Olbia-Tempio. Nach einem Referendum und der Entscheidung zur Rückkehr zur ursprünglichen Provinzeinteilung, kehrte Tempio Pausania in die Provinz Sassari zurück, behielt aber als Zona Omogenea di Olbia-Tempio einige autonome Verwaltungsbehörden.

Der Anblick der Stadt ist beeindruckend: Sie thront auf einer Höhe von knapp 600 Metern auf einem Hügelzug, unweit der majestätischen Limbara-Berge. Doch es ist ihre historische Vergangenheit, die den Besucher wirklich in ihren Bann zieht. Spuren der Nuraghenkultur aus der Jungsteinzeit finden sich in der Umgebung, stumme Zeugen einer lange vergangenen Epoche. Der Besucher kann nicht anders, als zu ergründen, was es mit diesen einzigartigen Baudenkmälern auf sich hat.

Die Geschichte von Tempio Pausania

Tempio Pausania hat eine bewegte Geschichte. Im 14. Jahrhundert eroberten die Aragonesen die Region Gallura und vergaben Tempio als Lehen an die Feudalherren. Im Rahmen des “Risorgimento”, der italienischen Einigungsbewegung, setzte 1854 der italienische Nationalheld Giuseppe Garibaldi seinen Fuß auf sardinischen Boden und besuchte neben anderen Städten auch Tempio Pausania. Der Besuch des “Helden der zwei Welten” ist bis heute tief in der kollektiven Erinnerung der Stadt verankert.

Der ungewöhnliche Name Tempio Pausania ergibt sich aus der historischen Bindung an das antike Bistum Phausanias, dem die Stadt um 1879 den Zusatz Pausania zu ihrem ursprünglichen Namen Tempio hinzufügte. Im 20. Jahrhundert war Tempio Pausania ein Teil der viertgrößten Gemeinde Sardiniens, die sich bis Palau und zur Costa Smeralda erstreckte.

Alte Tankstelle in Tempio Pausania - außer Betrieb
Alte Tankstelle in Tempio Pausania – außer Betrieb

Die Highlights von Tempio Pausania

Die Altstadt um die Piazza Gallura, ist ein Labyrinth aus schmalen Gassen, die sich in ein Netz aus Einbahnstraßen weben. Am besten lässt man das Auto außerhalb stehen und erkundet die Gegend zu Fuß. Im Herzen des Platzes befindet sich das Palazzo Municipale, das Rathaus, ein stolzes Symbol für die Geschichte und das kulturelle Erbe der Stadt. Die historischen Straßen der Via Roma, gesäumt von Gebäuden aus grauem Granit, sind Teil des Altstadtkerns und vermitteln einen authentischen Einblick in das Leben in Tempio Pausania.

Die Cattedrale di San Pietro, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht, ist eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ihr prächtiger Glockenturm stammt aus dem 15. Jahrhundert und ihr heutiges Aussehen erhielt die Kathedrale in den Jahren 1832 bis 1839, als sie im Stil des Genueser Barock renoviert wurde. Nicht weniger beeindruckend ist die Chiesa di Santa Croce, deren Ursprünge bis ins Jahr 1200 zurückreichen, möglicherweise sogar älter als die Kathedrale. Die Oratorio del Rosario aus dem 14./15. Jahrhundert besticht durch ihre Fassade im aragonesisch-gotischen Stil, während die Chiesa di San Francesco, die zwischen 1543 und 1548 erbaut wurde, mit ihrem angegliederten Kloster der Franziskaner-Minoriten eine Oase der Ruhe bietet.

Im Palazzo degli Scolopi, einem prächtigen Palast aus dem 18. Jahrhundert, befindet sich das Museo Bernardo Demuro, das sich dem Leben und Werk des berühmten Tenorsängers Bernardo Demuro aus Tempio Pausania widmet. Ein weiteres bemerkenswertes Bauwerk ist der Carcere “La Rotonda”, ein Rundbau mit Innenhof aus dem Jahr 1845, der dem Architekten Enrico Marchesi zugeschrieben wird. Das Teatro del Carmine ist ein prächtiger Jugendstilbau aus dem Jahr 1927 und ein Highlight der kulturellen Szene der Stadt.

In der Stadt befindet sich auch die Fonte Rinaggiu, eine seit Jahrhunderten genutzte Quelle mit hervorragender Wasserqualität. Direkt daneben befindet sich ein Museum, das ganz dem legendären Cinquecento-Auto gewidmet ist, sowohl im Original als auch als Modellfahrzeug.

In der Umgebung von Tempio Pausania finden sich beeindruckende Nuraghen, bronzezeitliche Turmbauten, die auf Sardinien weit verbreitet sind. Besonders bemerkenswert sind die Nuraghe Izzana und Nuraghe Majori. Die Nuraghe Izzana ist die größte in der Region und eine Mischform zwischen Korridor-Nuraghen, typisch für die Gallura-Region, und Tholos-Nuraghen. Die Nuraghe Majori bietet neben der Besichtigung des beeindruckenden archäologischen Fundes auch Annehmlichkeiten wie einen Parkplatz, ein Café und eine Buchhandlung.

Nuraghe auf Sardinien
Nuraghe auf Sardinien

Wandern durch Wälder und Korkeichen

Meine Wanderung beginnt in Tempio Pausania, einer historischen Stadt, eingebettet in die hügelige Landschaft der Gallura-Region. Bevor ich die Wanderung aufnehme, schlendere ich durch die engen Gassen der Altstadt, vorbei an Gebäuden aus grauem Granit, die der Stadt ihren einzigartigen Charme verleihen.

Nach einem letzten Blick auf die Stadt breche ich auf und betrete den Pfad, der mich zu meinem ersten Ziel führt – Aggius. Der Weg schlängelt sich durch Korkeichenwälder, deren majestätische Stämme und die dichte Baumkrone einen angenehmen Schatten spenden. Das Rauschen der Blätter im Wind und der Duft des Waldes bilden ein angenehmes Hintergrundrauschen, das meine Schritte begleitet.

Als ich Aggius erreiche, empfängt mich das Dorf mit seinen typischen Steinhäusern und kopfsteingepflasterten Straßen. Ich gönne mir eine Pause und besuche das ethnografische Museum “Oliva Carta Cannas”, um mehr über die lokale Geschichte und Kultur zu erfahren.

Nachdem ich die Schönheit und Ruhe von Aggius genossen habe, setze ich meine Wanderung fort, tiefer in das Herz Sardiniens. Der Weg führt mich durch wechselnde Landschaften – von üppigen Wäldern zu offenen Feldern, immer begleitet von dem herrlichen Panorama der umliegenden Hügel und Berge.

Mein nächstes Ziel ist Luras, eine Stadt bekannt für ihre alten Olivenbäume und die Herstellung von traditionellen sardischen Teppichen. Hier mache ich Halt in einer örtlichen Osteria und genieße die typischen Gerichte der Region, begleitet von einem Glas lokalen Cannonau-Wein.

Gestärkt mache ich mich auf den Weg zu meinem letzten Ziel, dem malerischen Calangianus. Der Weg führt mich durch wunderschöne Korkeichenwälder, deren Schönheit durch das goldene Licht der untergehenden Sonne noch verstärkt wird. In Calangianus angekommen, bin ich beeindruckt von den malerischen Gassen und der gastfreundlichen Atmosphäre. Die Stadt ist bekannt für ihre Korkproduktion und ich nehme mir die Zeit, das lokale Korkmuseum zu besuchen, bevor ich meinen Tag in einem gemütlichen B&B abschließe.

Tempio Pausania auf der Karte

Korkeichen und ihre Wirtschaftliche Bedeutung für Sardinien und die Gallura

Die Korkeiche (Quercus suber), ein ikonisches Symbol des Mittelmeerraums, ist ein wichtiger Bestandteil der natürlichen und kulturellen Landschaft Sardiniens. Sie ist besonders in der Gallura-Region im Norden der Insel präsent und spielt eine entscheidende Rolle in der lokalen Wirtschaft und Umwelt.

Die Wirtschaftliche Bedeutung der Korkeiche für Sardinien und insbesondere für Gallura kann nicht genug betont werden. Sardinien produziert fast 90% des italienischen Korks und etwa 20% des weltweiten Angebots, wobei Gallura aufgrund seiner ausgedehnten Korkeichenwälder ein Hauptproduktionsgebiet ist. Die Stadt Calangianus, oft als “Stadt des Korks” bezeichnet, ist ein wichtiger Knotenpunkt für die Korkindustrie.

Die Nutzung der Korkeiche ist eine nachhaltige Praxis, da nur die Rinde des Baumes, die alle 9 bis 12 Jahre nachwächst, entfernt wird. Dieser Prozess schadet dem Baum nicht und ermöglicht ihm ein langes Leben, oft von mehreren hundert Jahren. Die Korkernte, oder “Sughera”, wie sie auf Sardinien genannt wird, ist ein traditionelles Handwerk, das von Generation zu Generation weitergegeben wird und tief in der Kultur der Region verwurzelt ist.

Die Korkproduktion ist ein Hauptwirtschaftszweig in der Region und bietet viele Arbeitsplätze in den Bereichen Ernte, Verarbeitung und Vertrieb. Korkprodukte aus Gallura, darunter Weinkorken, Dämmstoffe und verschiedene Handwerksartikel, sind auf der ganischen Welt begehrt. Zudem ist die Korkindustrie ein wichtiger Faktor für den ländlichen Tourismus in der Region, wobei Besucher die Möglichkeit haben, die Korkwälder zu erkunden und mehr über diesen traditionellen Wirtschaftszweig zu erfahren.

Neben der wirtschaftlichen Bedeutung spielt die Korkeiche auch eine entscheidende Rolle für die Umwelt Sardiniens und der Gallura. Die Wälder bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten und tragen zur Erhaltung der Biodiversität bei. Sie wirken zudem als natürliche Kohlenstoffsenken, die zur Minderung der globalen Erwärmung beitragen, und spielen eine Schlüsselrolle bei der Verhinderung von Bodenerosion und der Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit.

Zusammenfassend ist die Korkeiche ein wesentlicher Bestandteil des wirtschaftlichen, kulturellen und ökologischen Erbes Sardiniens und insbesondere der Gallura. Ihre nachhaltige Nutzung ist ein vorbildliches Modell für den Schutz der Umwelt und die Förderung der lokalen Wirtschaft.

Anreise nach Tempio Pausania

Die Anreise nach Tempio Pausania ist ein Abenteuer für sich. Obwohl der nächste international bediente Flughafen in Olbia liegt, ist die Stadt auch gut mit Bus und Bahn zu erreichen. Die malerische Schmalspurstrecke Palau-Arzachena-Tempio-Sassari, die 1997 für den Personenverkehr stillgelegt wurde, wird heute in den Sommermonaten touristisch genutzt, wodurch die Stadt zu einem beliebten Ziel für Zugliebhaber geworden ist.

Ein Spaziergang durch die Erinnerung: Der Parco delle Rimembranze in Tempio Pausania

Ein Besuch in Tempio Pausania wäre ohne einen Spaziergang durch den schattigen Kurpark Parco delle Rimembranze unvollständig. Die ruhige, grüne Oase ist mehr als nur ein Park – es ist ein Ort, der dazu einlädt, unsere Gedanken zu erforschen und dabei die Verbindung zwischen Natur, Geschichte und Menschheit zu erkennen.

Der Parco delle Rimembranze, oder “Park der Erinnerungen”, wurde als Symbol der Dankbarkeit und Ehrerbietung für diejenigen errichtet, die im Laufe der Jahrhunderte ihr Leben für ihr Land opferten. Die stillen Wege, von hohen Bäumen überschattet, erinnern uns daran, dass jeder Ort, jede Straße, jede Stadt durch die Hände und das Opfer vieler geformt wurde, die vor uns kamen. In der Stille, nur unterbrochen vom Zwitschern der Vögel oder dem Rascheln des Windes in den Bäumen, eröffnet sich uns die Gelegenheit, über die Vergänglichkeit des Lebens und die dauerhafte Prägung, die wir hinterlassen können, nachzudenken.

Jeder Baum im Park der Erinnerungen scheint eine Geschichte zu erzählen. Sie sind stille Zeugen der Vergangenheit, die beständig Wachstum und Veränderung repräsentieren. Sie erinnern uns daran, dass wir, wie sie, Teil eines größeren Zyklus sind – von Geburt, Wachstum, Verfall und letztlich Erneuerung. Wie ein Baum im Laufe der Jahreszeiten sein Laub verliert und wieder neu erblüht, so durchleben auch wir in unserem Leben Phasen von Verlust und Wiederentdeckung.

Dieser Park lädt dazu ein, tiefer in uns selbst hineinzuschauen und uns an die Kraft der Resilienz zu erinnern. Er erinnert uns daran, dass trotz der Unwägbarkeiten des Lebens – den Stürmen, die wir durchleben, den Jahreszeiten des Wandels – wir immer die Möglichkeit haben, zu wachsen und uns neu zu entfalten.

Schließlich ist der Parco delle Rimembranze ein Ort der Gemeinschaft. Er lädt Menschen jeden Alters und aus allen Gesellschaftsschichten ein, in seinen schattigen Wegen zu flanieren, auf seinen Bänken zu verweilen oder auf seinen Grünflächen zu spielen. Es ist ein Ort, der uns daran erinnert, dass wir, obwohl wir individuell sind, Teil eines größeren Ganzen sind. Es ist ein Ort, der uns daran erinnert, dass wir durch geteilte Erfahrungen und Erinnerungen miteinander verbunden sind.

In seiner einfachen, natürlichen Schönheit bietet der Parco delle Rimembranze uns eine Pause vom geschäftigen Treiben des Alltags und schenkt uns Raum für persönliche Reflexion. Er erinnert uns daran, dass wir trotz der Herausforderungen und Veränderungen des Lebens immer einen Ort der Ruhe und des Nachdenkens finden können – in der Natur, in der Gemeinschaft und in uns selbst.

Eine Reise nach Tempio Pausania ist eine Reise in die Vergangenheit, eine Chance, den Reichtum und die Komplexität der sardischen Geschichte und Kultur zu entdecken. Die Stadt und ihre Bewohner erwarten Sie mit offenen Armen, bereit, ihre Geheimnisse und ihren Charme mit Ihnen zu teilen. Wer weiß, vielleicht wird auch Sie das sardische Herz von Tempio Pausania erobern.

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