Auf Sardinien trifft man ständig auf runde Türme prähistorischen Ursprungs, die fast jeden höheren Punkt im Hinterland säumen. Die Türme werden Nuraghen genannt. Doch was war ihr Zweck und wer waren seine Erbauer? Und was haben sie mit den Sarazenentürmen an der Küste zu tun?
Aus der Bronzezeit auf Sardinien ist mangels schriftlicher Zeugnisse wenig bekannt. Die Nuraghen sind eines der offensichtlichen Zeugnisse dieser Zeit. Knapp 3000 dieser runden Türme sind heute erhalten, mindestens 3000 weitere sind archäologisch nachgewiesen. Bei Ausgrabungen wurden Speerspitzen, Bronzewerkzeuge und Gussformen für Waffen und Werkzeuge gefunden. Die Erbauer wurden nach den Türmen Nuragher genannt – und wir wissen nicht viel über sie. Die Nuraghe sind indes nicht mit den später erbauten Sarazenentürmen zu verwechseln, die üblicherweise mit quadratischer Grundfläche in eckiger Form entlang der Küste angelegt sind.
Wer waren die Nuragher?
Was wir wissen ist: Die Nuragher waren versierte Baumeister, deren stabile Bauwerke vielfach Wind und Wetter über tausende Jahre standgehalten haben. Sie hatten fortschrittliches Wissen über Metallverarbeitung. Die Nuraghe waren überdies Meister der Astronomie – viele ihrer Bauwerke fangen das Licht der Sonnenwende symbolisch ein. Ihre Epoche war nicht friedlich, denn die Anlage der Türme und angeschlossener Dörfer ist stets auf bestmögliche Verteidigung ausgerichtet:
Sie sind strategisch günstig angelegt und weithin sichtbar. Im Zentrum der Ansiedlung stehen stets Wasserstellen, die für die Nuragher auch eine mythische Bedeutung gehabt haben müssen. Ihre zentralen Orte der Zusammenkunft waren Wasserheiligtümer, kunstvoll in konischer Form um ein Wasserbecken errichtet, um Verdunstung des kühlen Nasses weitestgehend auszuschließen. Das bekannteste dieser Heiligtümer ist bei Santa Cristina gelegen und außergewöhnlich gut erhalten.
Die Nuragher waren ein Volk von Seefahrern mit Kontakten im gesamten Mittelmeerraum. Zeugnisse ihrer Kultur und ihres handwerklichen Geschicks wurden selbst noch in Ägypten in Form von Grabbeigaben aufgefunden.
Wahrscheinlich ist, dass die Nuragher einst in den Fokus der mächtigen Phönizier gerieten, die es auf die Erzvorkommen der Insel abgesehen haben mögen. Der Reichtum an Metallen, deren Bergwerke noch heute entlang der Costa Verde zu sehen sind, mag das Ende dieser frühen Hochkultur besiegelt haben.
Das Zentrum der Nuragher
Im Nordwesten von Sardinien liegt die fruchtbare Hochebene Cabu Abbas, die ringsum von Gebirgszügen geschützt wird. Diese Ebene weist eine enorme Dichte an Nuraghen und weiteren Bauwerken aus der Epoche auf. Auch die mit einst 25 Metern höchste Nuraghe Santu Antine der Insel Sardinien ist hier bei Torralba zu finden. Die Hochebene ist ausnehmend wasserreich, was für die frühe Kultur Voraussetzung war. So lässt sich Cabu Abbas denn auch mit Herkunft des Wassers übersetzen. Andernorts sind Wasserquellen rar inmitten der kargen Felslandschaft Sardiniens – für die Hirten der Insel und ihre Tiere war die Kenntnis der Quellen stets eine Frage des Überlebens.
Valle dei Nuraghie
Auch im Hinblick auf die Attraktion von Touristen wurde die Ebene Cabu Abbas jüngst umbenannt und ist nun als Valle dei Nuraghie in den einschlägigen Kartenwerken zu finden. Die Einheimischen lassen sich von dieser neuen Namensgebung indes nicht beeindrucken und bleiben bei ihren angestammten Begriffen.
Santu Antine – der größte Nuraghe
Ein Besuch der Nuraghe Santu Antine ist indes empfehlenswert. Das Bauwerk ist gewaltig, perfekt eingepasste Basaltsteine säumen die Gänge. Das Geräusch des tropfenden Wassers bildet ein klingendes Schauspiel inmitten einer faszinierenden Szenerie.
Unser Besuch der Nuraghe Santu Antine
Nach einer knappen Stunde über Autobahnen kommen wir an der Nuraghe Santu Antine an. Der Turm ist weithin sichtbar. 8 € Eintritt zahlen wir für Nuraghe und Museum. Aus der Nähe wird erst die gewaltige Höhe der Nuraghe deutlich. Wir umrunden sie und finden einen Eingang. Verschiedene Gänge und Treppen erlauben die Erkundung. Wir klettern auf die Spitze des Turms und erkunden die Wege. Ein wirklich gewaltiges Bauwerk! Anschließend besuchen wir das zugehörige Museum mit verschiedenen Fundstücken und historischer Einordnung. Das Museum kann uns aber nur bedingt begeistern. In der Umgebung finden wir leider keine Spaghetteria, daher fahren wir für ein Mittagessen nach Alghero. Auf dem Weg fahren wir durch enge Straßen die durch die Landschaft kurven, kommen auch an zwei Seen vorbei.
Die Nuraghe bleiben ein Mythos
Mystische Spekulationen ranken sich um die Türme. Fangen sie astrologische Kräfte aus dem Sonnenkreislauf ein? Oder waren sie auch ein Kommunikationsnetzwerk? Dienten sie als Türme des Lichts, mit deren Hilfe frühe Morsezeichen über die ganze riesige Insel verbreitet werden konnten?
So bleiben denn noch einige Rätsel der Nuragher. Wer weiß, ob sie eines Tages gelöst werden.
Live vor Ort: Instagram-Feed zu #Nuraghe
Die Nuraghen von Sardinien sind beliebte Fotomotive. Bei Instagram bekommst Du einen guten Überblick, was aktuell vor Ort geschieht. So sieht es derzeit rund um die Nuraghen auf Sardinien aus!