Wandern auf Sardinien – ein bewegendes Erlebnis

Die Insel Sardinien zu Fuß zu bereisen – das heißt, diese betörende Insel vollends zu erleben. Auf versteckten Pfaden die dichte Macchia, knorrige Eichenwälder zu queren und schließlich das Meer zu erblicken – ein erhabenes Gefühl! Gleichsam sind es die alten Pfade der Hirten und Sammler, die auf einer Wanderung begangen werden können. Diese Seiten der Insel Sardinien werden dem unbedarften Strandurlauber auf ewig erschlossen bleiben!

Schweißt tropft mir von der Stirn und befleckt mein Shirt. Eine weitere Schweißbahn entsteht entlang meiner Schenkel und benetzt den staubigen Boden. Hitze. Zwar ist die Vegetation dicht und grün, jedoch nur etwa hüfthoch – kein Schatten in Sicht für mein erhitztes Gemüt. Ich bin froh über meinen Hut, der mich vor dem sicheren Hitzschlag bewahrt. Dann endlich – eine knorrige Pinie entlang des schmalen, ausgetretenen Pfades. Bald erreiche ich sie, sie spendet mir wohltuenden Schatten. Hier raste ich für einige Minuten, setze mich auf einen niedrigen Felsen, trinke Wasser, das mich erfrischt, obgleich es fast Körpertemperatur hat.

Mein Reisetagebuch Sardinien, Juli 2022

Wandern auf Sardinien

Wie kann eine Tätigkeit nur so leicht und beschwerlich zugleich sein? Das ist ein Gedanke, der mich während meiner Wanderungen auf Sardinien so manches Mal erfasste. Leicht und beschwingt gehe ich dahin, die Schönheit meiner direkten Umgebung bewundernd und mich stetig fragend, welche Wälder, Klippen, Felsen, Wunder mich wohl hinter der nächsten Ecke erwarten. Gleichzeitig wird jeder Schritt zur beschwerlichen Herausforderung, wenn dann die Mittagshitze einsetzt und die Sonne erbarmungslos vom blauen Firmament flimmert. Und doch überwiegt der Genuss, der mich immer wieder an diesen betörenden Ort inmitten des leuchtenden Mittelmeers zieht.

Wandern durch Unterholz und Macchia

Wer auf Sardinien wandern möchte, der sollte sich tunlichst auf seine Exkursion vorbereiten. In Gesprächen mit flüchtigen Bekannten und anderen Besuchern der Insel höre ich immer wieder, dass die Menschen die Weite der Insel und die Beschwerlichkeit der Pfade unterschätzen. Besonders in den Sommermonaten werden selbst kurze Strecken zur harten Prüfung, wenn es darum geht, Höhenmeter zu überwinden auf einem felsigen Pfad mit scharfen Kanten, der dazu noch mit Geröll übersäht ist. Höchste Konzentration ist bei den Abstiegen gefordert, die für sich allein genommen einfach wirken mögen – hier sind sie herausfordernd, und so manches mal wird angeseilt, um kein Risiko einzugehen, nicht abzurutschen und sich in der Einsamkeit zu verletzen. Denn Sardinien mag überlaufen wirken an den glitzernden Stränden der Costa Smeralda, in den Yachthäfen von Alghero und La Maddalena.

Vom Pfad in die Cala Serena
Vom Pfad in die Cala Serena

Im Kern ist die Insel weiterhin fast unbewohnt und menschenleer. Eine der am wenigsten besiedelten Regionen Europas. Nur wenige Kilometer in das Landesinnere reichen aus, um das Wort “Einsamkeit” durch eigenes Empfinden neu zu definieren. Ganze Tage kann der Wanderer hier seinem Weg folgen und doch abseits der Straßen keiner Menschenseele begegnen. In Windeseile senkt sich dann die Dämmerung über das trockene Land, schnell will ein Schlafplatz gefunden werden. Nur mit dünner Matte und leichtem Zelt bestückt, wird die Suche nach einem Schlafplatz zur hektischen Aufgabe. Denn Felsen, überall Felsen. Nach angestrengter Suche wird dann ein halbwegs komfortabler Schlafplatz ausgewählt, mit wenig Geröll und ohne Baumwurzeln im Kreuz. In der Dunkelheit ist erst zu bemerken, wie bevölkert diese abgelegene Wildnis in Wirklichkeit ist. Überall raschelt es, Mäuse und Füchse liefern sich ihr nächtliches Duell, Marder, Igel und Dachse streifen umher. Nur Vögel, die sind kaum zu hören.

Regionen zum Wandern auf Sardinien

Jeder Landstrich hat seine Höhepunkte, jeder Kontinent seine Gipfel. Auf Sardinien muss der Wanderer nicht lange nach dem ihm angestammten Refugium suchen – die Frage nach dem besten Revier kann recht zügig und eindeutig beantwortet werden.

Wandern am Supramonte und der Barbagia

Die Barbagia ist hier der König, die unzugängliche Küste der Baunei – von steilen Hängen, dichtem Wald und schmalen Pfaden durchzogen. Hierhin zogen sich jene zurück, die nicht gefunden werden wollten – auf der Flucht vor bewaffneten Eindringlingen oder der Obrigkeit. Heute führen atemberaubende Wanderpfade diese Küste entlang – in gehörigem Abstand vom Meer, das jeweils durch steile Stichwege erreichbar ist. Selbst die Einwohner dieses Landstrichs kennen selten jeden Pfad und jede Abzweigung, selbst wenn sie von Kindheitsbeinen an hier unterwegs sind.

Küstennah kann der Einstieg in diese Region direkt an der Cala Fuili erfolgen – von hier aus führen diverse Routen mehr als hundert Kilometer die Küste entlang bis zum Hafen von Santa Maria Navarrese. Das Supramonte-Gebirge zieht sich tief in das Landesinnere – eine ganze Region, die über verschlungene Pfade erwandert werden will.

Natürlich sind die Strände der Baunei besondere Highlights, die zudem nur über Wanderpfade oder per Boot erreichbar sind. Wenn am Ende der Route der Strand leuchtet – ein besonderes Erlebnis!

Die Cala Goloritzé von oben
Die Cala Goloritzé von oben

Einen tollen Einblick in die verschiedenen Wege und Abschnitte mit vielen Details zu den Tagestouren und Erfahrungsberichten bekommst Du hier auf komoot.de. Überhaupt sind die gut beschilderten Tagestouren ein guter Einstieg, bevor die mehrtätigen Etappen in Angriff genommen werden.

Der Selvaggio Blu

Als schönste und zugleich schwerste Tour der Region gilt die Route “Selvaggio Blu”. Sie gilt als äußerst anspruchsvoll, da steile Etappen ein Anseilen erforderlich machen. Außerdem hat die mehrtägige Tour keine Wasserstellen. Die Route wird durch verschiedene Anbieter als geführte Tour oder mit Support durch Versorgung angeboten – eine gute Beschreibung der einzelnen Etappen geht aus dieser Aufstellung von Trekkingbaunai.it hervor.

Den kompletten Track zur Selvaggio Blu inklusive der zugehörigen GPS-Daten findest Du hier auf wikiloc.

Wandern auf La Maddalena und Caprera

Aus meiner Sicht völlig unterbewertet sind die Wanderrouten auf der wunderschönen Insel Caprea, die zum Archipel von La Maddalena gehört. Die fast unbewohnte Insel ist von zahlreichen, herrlichen Routen und Pfaden durchzogen. Die Landschaft ist spektakulär. Eine hochauflösende Karte aller Routen auf Caprera ist hier auf Lamaddalenapark.it zu finden.

Wandern im Westen: Die Sinis Halbinsel

Auch der Westen von Sardinien hat seinen ganz eigenen Charme. Hier ist besonders die Sinis-Halbinsel hervorzuheben, die als natürliches Refugium mit vielen Feuchtgebieten unter strengem Naturschutz steht. Einige herrliche Routen lassen sich hier empfehlen – gute Tagestouren sind wiederum hier bei komoot.de beschrieben.

Blick auf das Capo San Marco
Blick auf das Capo San Marco

Der Sentiero Italia

Auch der Sentiero Italia hat einen Abschnitt, der in vielen Etappen die Insel Sardinien in voller Länge durchquert. Die Tour hat 588 Kilometer. Die aus meiner Sicht beste Karte zu dieser umfangreichen Tour ist hier in der OpenStreetMap zu finden.

Karten und Routen zum Wandern auf Sardinien

Eine interaktive Karte aller offiziellen Wanderwege auf Sardinien findest Du hier bei Sardegnasentieri.it aus amtlicher Quelle. Leider ist es um die Interaktivität der interaktiven Karte nicht zum Besten gestellt. Da sind die hochauflösenden Karten der einzelnen Regionen deutlich besser gelungen, die Du hier in hochauflösender Form als PDF herunterladen kannst.

Für höchste Genauigkeit auch abseits befestigter Wege ist die Openstreetmap bekannt. Eine lebendige Community beteiligt sich rege an der stetigen Verbesserung des Kartenmaterials. Besonders für Wanderungen ist diese Karte von unschätzbarem Wert. Nutzen Sie zur Wegberechnung den “Graph Hopper” Algorithmus – dann werden Ihnen selbst die Steigungen angezeigt. Unten sehen Sie ein Beispiel des Weges von der Cala Fuili in die Cala Luna – andere Online-Kartendienste kapitulieren vor dieser Aufgabe.

Mit der Openstreetmap in die Cala Luna

Zur Vorbereitung eines Wanderurlaubs kann indes auch ein gedruckter Wanderführer enorm hilfreich sein. In dieser Hinsicht ist der Wanderführer des Rother Bergverlags unschlagbar. Dabei kommt der neuesten Ausgabe nicht unbedingt die größte Bedeutung zu – Reise- und Wanderführer kaufe ich daher selbst gerne bei Medimops, wo es gebrauchte Bücher meistens für die Hälfte gibt.

Wandern auf Sardinien – Erfahrungen?

Wie sind Deine Erfahrungen mit den Wanderwegen auf Sardinien? Zu welcher Route suchst Du weitere Informationen? Hinterlasse einen Kommentar für die anderen Besucher!

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